Seit dem 15.06.2019 sind sogenannte E-Scooter nun auch in Deutschland erlaubt und erfreuen sich dank zahlreicher Sharing-Dienste wie Lime oder Tier, die eine unkomplizierte Nutzung per App ermöglichen, großer Beliebtheit.

Wie sind E-Scooter rechtlich einzuordnen und welche Regeln gelten?

 

Der Gesetzgeber spricht nicht von E-Scootern oder Elektro-Tretrollern, sondern von Elektrokleinstfahrzeugen. Dementsprechend sind die wesentlichen Regelungen zum E-Scooter in der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) enthalten.

Auch Bestimmungen zu Maßen, Gewicht oder Leistung der Fahrzeuge sind in der eKFV enthalten. So darf der E-Scooter ohne Fahrer höchstens 55 kg wiegen. Bei den Abmessungen gelten Grenzen von höchstens 70 cm Breite, 1,40 m Höhe und 2 m Länge. Bremsen, Beleuchtung und eine Klingel sind ebenfalls vorgeschrieben.

E-Scooter benötigen eine gültige Versicherungsplakette. Eine regelmäßige TÜV-Untersuchung des E-Scooters ist hingegen nicht erforderlich.

Zum Fahren eines E-Scooters benötigt man keinen Führerschein (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 a der Fahrerlaubnisverordnung (FeV)). Wer einen E-Scooter führen möchte, muss allerdings gemäß § 3 eKFV mindestens 14 Jahre alt sein.

Gemäß § 9 eKFV sind die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung bei der Teilnahme mit E-Scootern am Straßenverkehr anwendbar. Hier ist allerdings die Maßgabe der §§ 10 – 13 eKFV zu beachten, in denen Sonderregelungen zu zulässigen Verkehrsflächen, Verhaltensregeln und Verkehrsverboten getroffen werden.

Die zulässigen Verkehrsflächen stellen sich nach § 10 eKFV wie folgt dar: Mit E-Scootern darf auf Radwegen sowie gemeinsamen Geh- und Radwegen gefahren werden, reine Gehwege oder die Fußgängerzone sind hingegen zum Schutz von Fußgängern tabu. Ist kein Radweg vorhanden, darf die Straße benutzt werden. Die Straßenverkehrsbehörden haben zudem die Möglichkeit, das Fahren auf zusätzlichen Verkehrsflächen mit einem neuen Zeichen („Elektrokleinstfahrzeuge frei“) zu erlauben. Wird eine für Elektrokleinstfahrzeuge nicht zulässige Verkehrsfläche mit dem E-Scooter befahren, droht eine Geldbuße in Höhe von 15,00 €.

Eine Helmpflicht gibt es nicht.

Fahrer von E-Scootern müssen Rücksicht nehmen. So haben Fußgänger auf gemeinsamen Geh- und Radwegen Vorrang. Die Geschwindigkeit muss, soweit erforderlich, an die Fußgänger angepasst werden und Fußgänger dürfen nicht behindert oder gefährdet werden. E-Scooter dürfen zudem nicht nebeneinander fahren. Für das Abstellen von E-Scootern gelten die Parkvorschriften für Fahrräder entsprechend, was in der Praxis häufig missachtet wird.

Für E-Scooter gilt zudem das Rechtsfahrgebot. Beim Überholen ist § 5 Abs. 1 StVO zu beachten, sodass Elektrokleinstfahrzeuge ebenfalls links überholen müssen.

Auf einem E-Scooter darf immer nur eine Person fahren. Es ist also verboten, zu zweit auf einem E-Scooter zu fahren, was in der Praxis ebenfalls häufig missachtet wird.

Alkohol und E-Scooter?

 

Für E-Scooter gelten dieselben Promillegrenzen wie für einen Führer von Kraftfahrzeugen (vgl. Beitrag Promillegrenzen).

Ab 0,3 Promille müssen E-Scooter-Fahrer mit Konsequenzen rechnen, wenn sie alkoholbedingte Auffälligkeiten zeigen; ab 1,1 Promille bereits ohne Ausfallerscheinungen. Dann ist nämlich der Straftatbestand des § 316 StGB erfüllt und der Führer eines E-Scooters muss zudem mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis rechnen, da häufig ein Regelfall im Sinne von § 69 StGB bejaht wird.

Die heutige Praxis sieht so aus, dass in der Regel immer die Fahrerlaubnis entzogen wird und eine mehrmonatige Sperre für die Wiedererteilung angeordnet wird, obwohl der Gesetzgeber das Gefahrenpotenzial, welches von einem E-Scooter für Dritte von einem solchen Kraftfahrzeug mit Maximalgeschwindigkeit 20 km/h ausgeht, als deutlich geringer eingestuft hat, wenn er die Betriebsgefahrhaftung erst ab einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h greifen lässt (§ 8 Nr. 1 StVG). Zudem ist die charakterliche Disqualifikation eines Trunkenheitsfahrers, der auf dem Nachhauseweg spontan zu einem Mietscooter greift, sicher nicht derjenigen gleichzusetzen, die sich bei einem geführten Pkw oder Mofa offenbart. Mit dieser Begründung haben zumindest vereinzelt Gerichte von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen und lediglich ein Fahrverbot verhängt (vgl. AG Dortmund, Urteil vom 21.01.2020, 729 Ds 60 Js 513/19, 349/19; LG Halle, Beschluss vom 16.07.2020, 3 Qs 81/20, VA 2020, 181; LG Düsseldorf, Beschluss vom 28.12.2020, 20 Qs 61/20, BAR 2021, 162; AG Dresden, Urteil vom 05.11.2020, 213 Cs 634 Js 44073/20, DAR 2021, 163).

So heißt es etwa auch in dem Beschluss LG Düsseldorf vom 28.12.2020, 020 Qs 61/20:

„E-Scooter weisen ein geringeres abstraktes Gefährdungspotential auf als etwa PKWs, LKWs und Krafträder (vgl. LG Dortmund, Beschluss vom 07.02.2022, 31 WS 1/20, juris Rn. 13, LG Halle (Saale) Beschluss vom 16.07.2020, 3 Qs 81/20, juris Rn. 8; Schefer: „Kritische Anmerkungen zur absoluten Fahruntüchtigkeit beim Führen eines E-Scooters“, NVZ 2020, 239 (242) m.w.N.). E-Scooter, wie die hier verwendeten der Firma Tier, wiegen zwischen 20-25 kg und können nicht mehr als 21 km/h fahren (vgl. LG Dortmund, Beschluss vom 07.02.2020, 31 Qs 1/20, juris Rn. 13). Was das Verrletzungspotenzial für Dritte angeht, sind E-Scooter im Normalfall eher mit einem Fahrrad oder Pedelec (Fahrrad mit elektrischen Hilfsantrieb) vergleichbar (vgl. LG Dortmund, Beschhluss vom 07.02.2020, 31 Qs 1/20, juris Rn. 13; LG Halle (Saale), Beschluss vom 16.07.2020, 3 Qs 81/20, juris Rn. 8), wobei mit einem Fahrrad schneller gefahren werden kann als mit einem E-Scooter“.

Das LG Halle hatte mit Beschluss vom 16.07.2020, 3 Qs 81/20, ähnlich argumentiert:

„Entgegen der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB kann bei einer Verwirklichung des § 316 StGB von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die den seiner allgemeinen Natur nach schweren und gefährlichen Verstoß günstiger erscheinen lassen als den Regelfall, oder die nach der Tat die Eignung positiv beeinflusst haben. Ein solcher Umstand ist unter anderem in der Tatsache zu sehen, dass sich das abstrakte Gefährdungspotenzial von E-Scootern erkennbar von dem der „klassischen“ Kraftfahrzeuge, wie Pkws, Lkws, Krafträder, usw., unterscheidet.“

Das abstrakte Gefährdungspotenzial von E-Scootern unterscheidet sich erkennbar von dem der „klassischen“ Kraftfahrzeuge und ist in erster Linie mit einem Fahrrad oder Pedelec vergleichbar, so dass selbst im Fall der Verwirklichung des § 316 StGB nicht ohne weiteres von der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ausgegangen werden kann. Vielmehr wird bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter in aller Regel zu prüfen sein, ob daraus auf eine Verantwortungslosigkeit des Beschuldigten geschlossen werden kann, die mit einer Trunkenheitsfahrt mit „klassischen“ Kraftfahrzeugen vergleichbar ist und somit von seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden muss.“

Die Mehrzahl der Gerichte entzieht allerdings bei Trunkenheitsfahrten mit einem E-Scooter die Fahrerlaubnis mit teilweise empfindlich langen Sperrfristen.

Der BGH hat in einer Entscheidung vom 02.03.2021, 4 StR 366/20, die Frage einer Regelwirkung des § 69 StGB bei E-Scooter-Fahrern offengelassen und lediglich festgestellt, dass die Frage, ob und inwieweit die vor dem Aufkommen der Elektrokleinstfahrzeuge ergangene Rechtsprechung zu dem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von Kraftfahrern (BGH, Beschluss vom 28. Juni 1990 – 4 StR 297/90BGHSt 37, 89) auch auf Nutzer dieser neuen Fahrzeugklasse übertragen werden kann, bislang höchstrichterlich nicht entschieden sei, wobei in dem dort zu beurteilenden Fall die Frage nicht zu beantworten sei, da das Landgericht keine Feststellungen des Landgerichts zur fahrzeugtechnischen Einordnung des bei den Fahrten verwendeten Elektrorollers getroffen habe. Wir zitieren aus dem Urteil BGH vom 02.03.2021, 4 StR 366/20:

„Dem Senat ist es deshalb verwehrt, anhand der Urteilsgründe zu überprüfen, ob das Landgericht zu Recht den für alkoholisierte Führer von Kraftfahrzeugen als unwiderleglichen Indizwert für die Annahme absoluter Fahrtüchtigkeit entwickelten Grenzwert der Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ (BGH, Beschluss vom 28. Juni 1990 – 4 StR 297/90BGHSt 37, 89) seiner rechtlichen Bewertung der Taten zugrunde gelegt hat. Zwar ergibt sich aus den Feststellungen noch, dass mit dem Elektroroller ohne menschlichen Kraftaufwand eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht werden konnte, so dass es sich bei diesem um ein Elektrokleinstfahrzeug im Sinne des § 1 eKFV gehandelt haben könnte. Fahrzeuge dieser Klasse zählen zwar gemäß § 1 Abs. 1 eKFV straßenverkehrsrechtlich zu den Kraftfahrzeugen im Sinne des § 1 Abs. 2 StVG. Allerdings werden in § 1 Abs. 1 eKFV verschiedene Fahrzeugarten zusammengefasst, denen zwar der elektrische Antrieb und die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit gemeinsam sind, die im Übrigen aber unterschiedliche technische Merkmale aufweisen. Ob und inwieweit die vor dem Aufkommen der Elektrokleinstfahrzeuge ergangene Rechtsprechung zu dem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von Kraftfahrern (BGH, Beschluss vom 28. Juni 1990 – 4 StR 297/90BGHSt 37, 89) auch auf Nutzer dieser neuen Fahrzeugklasse übertragen werden kann (vgl. für E-Scooter bejahend BayObLG, Beschluss vom 24. Juli 2020 – 205 StRR 216/20, NStZ 2020, 736; LG Stuttgart, Beschluss vom 27. Juli 2020 – 9 Qs 35/20LG Dortmund, Beschluss vom 7. Februar 2020 – 31 Qs 1/20VRS 138, 20; offenlassend LG Halle (Saale), Beschluss vom 16. Juli 2020 – 3 Qs 81/20Blutalkohol 58, 293), ist höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. Mangels näherer Feststellungen sowohl zu der Fahrzeugklasse des vom Angeklagten genutzten Elektrorollers als auch zu dessen technischen Merkmalen im Einzelnen vermag der Senat die Rechtsfrage im vorliegenden Fall nicht abschließend zu beantworten. Er verweist die Sache daher an das Landgericht zurück, damit die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer auch die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zur Beschaffenheit des Fahrzeugs treffen kann, auf deren Grundlage der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit zuverlässig bestimmt werden kann.“

Droht in Ihrem Fall die Entziehung der Fahrerlaubnis, sollten Sie sich in jedem Fall anwaltlich beraten lassen.

Gerne werden wir für Sie auch rund um das Thema E-Scooter tätig.

Dr. Arlett Blanke