RA Marco SchneiderArtikelArtikelMedizinrechtÜber den Fachärztlichen Standard als Maßstab Ihrer Behandlung

9. Juni 2022

Fachärztlicher Standard ist der Sorgfaltspflichtmaßstab einer ärztlichen Behandlung. Wird er unterschritten, so liegt ein Behandlungsfehler vor. Doch wie lässt sich dieser Maßstab konkretisieren? Der fachärztlich Standard kann juristisch ausdifferenziert und schließlich auf den Einzelfall bezogen werden. Der folgende Artikel soll ein besseres Verständnis für die Herleitung geben.

 

Was ist Arzthaftung?

 

Die Arzthaftung ist eine Gefährdungshaftung, wie jede andere aus dem Zivilrecht (z.B. Haftung für die Betriebsgefahr/ Außerachtlassung der gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr gem. §§ 7 StVG und 1 StVO). Die Arzthaftung regelt die zivilrechtliche Verantwortlichkeit eines Behandlers gegenüber einem Patienten bei Verletzung von Sorgfaltspflichten.

 

seit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes am 26.02.2013 sind die wichtigsten Regeln in den §§ 630a bis 630h BGB normiert.

 

In § 630a BGB heißt es:

 

„Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung als Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Handlung… verpflichtet. Die Handlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.“

 

Daraus folgt, dass ein Verstoß gegen den oben genannten Sorgfaltsmaßstab aus 630a Abs. 2 BGB (Unterschreitung des fachärztlichen Standards) eine fehlerhafte Behandlung darstellt und Schadensersatzansprüche auslöst.

 

Definition als fachärztlichen Standard

 

Die Definition des fachlichen Standards lautet wie folgt:

Der Maßstab für die Sorgfaltspflichten eines Behandlers ist der Standard eines Facharztes, also das zum Behandlungszeitpunkt in der ärztlichen Praxis und Erfahrung bewährte, nach naturwissenschaftlichen Erkenntnissen gesicherte, von einem durchschnittlichen Facharzt verlangte Maß an Kenntnis und Können.“

„Eine Unterschreitung des fachärztlichen Standards liegt vor, wenn der Arzt nicht unter Einsatz der von ihm zu fordernden medizinischen Kenntnisse und Erfahrungen im konkreten Fall vertretbare Entscheidungen über die diagnostischen sowie therapeutischen Maßnahmen getroffen und diese Maßnahmen sorgfältig durchgeführt hat.“ (BGH, Urteil vom 10.03.1987 – VI ZR 88/86)“

 

Aus dieser Definition lassen sich verschiedene mögliche Behandlungsfehler ableiten:

 

Jede dieser Fehlerkategorien besitzt weitere Unterkategorien, wie zBsp. Pflegefehler, Sicherungsaufklärung etc..

Beurteilung der Verletzung des fachärztlichen Standards

 

Eine Unterschreitung kann schließlich nur von einem unabhängigen und medizinischen Sachverständigen beurteilt werden. Dieser vollzieht anhand der Behandlungsunterlagen (z.B. Operationsbericht, Pflegedokumentation, Aufklärungsbogen, Ihre Schilderungen/ Gedächtnisprotokoll, anwaltliche Ausführungen) die vorgenommene Behandlung nach und setzt diese mit den eingetretenen Schäden des Patienten in Bezug.

 

Eine freie Würdigung Ihrer Behandlung als „fehlerhaft oder nicht“ erfolgt dabei nicht. Der Sachverständige hat sich an Leitlinien der Fachgesellschaften (z.B. AWMF) zu halten. Diese Stellen regeln das operative Vorgehen im Einzelfall, Behandlungsmöglichkeiten und Handlungsalternativen bei Komplikationen. Abweichungen des Operateurs hiervon müssen gut begründet werden. Schließlich werden Richtlinien miteinbezogen, welche für die ärztliche Behandlung als verbindlich gelten.

 

Der Gesetzgeber sowie unabhängige Schlichtungsstellen geben dem Patienten hierfür die Möglichkeit, eine kostenlose und unabhängige medizinische Begutachtung zu erhalten. Schließlich kann ein Jurist nicht nur die Beweislasten für eine solche Begutachtung dem Sachverständigen als juristischen Laien darlegen. Ein Rechtsanwalt im Medizinrecht hat auch die schadensersatzbegründenden Kausalitätsfragen und Ursachenzusammenhänge zwischen Behandlungsfehler und eingetretenen Schäden zu berücksichtigen. Abschließend kann ein medizinisches Gutachten juristisch anhand der Beachtung vorgegebener Leitlinien und Richtlinien geprüft werden, um die Qualität zu sichern oder ein Ergänzungsgutachten in Auftrag zu geben.

 

RA Marco Schneider