ArbeitsrechtArtikelRA Marco SchneiderUrteileUrteileFrage nach der Konfession im Bewerbungsgespräch unzulässig

3. August 2022

Das Arbeitsgericht Karlsruhe entschied am 27.10.2020 über die Frage, ob die Aufforderung zur Angabe der Religionszugehörigkeit bei der Bewerbung um eine Stelle im Sekretariat beim Oberkirchenrat einer Institution der evangelischen Kirche zulässig ist.

Das Gericht verneinte die Zulässigkeit, da die Frage die Vermutung zulässt, dass der Bewerber aufgrund seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert wird.

Die Klägerin bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle als Sekretärin der Geschäftsleitung bei dem evangelischen Oberkirchenrat. Dabei gab sie an, sich keiner Konfession zugehörig zu fühlen. Außerdem betonte sie, dass sie keine Vorbehalte gegenüber der Kirche hätte. Schlussendlich hatte ihre Bewerbung keinen Erfolg.

Die Frau vermutete daraufhin, dass sie wegen ihrer Konfessionslosigkeit benachteiligt worden war und verklagte die Kirche auf die Zahlung einer Entschädigung.

Das Arbeitsgericht Karlsruhe gab der Klägerin recht.

Die Aufforderung, gegenüber möglichen zukünftigen Arbeitnehmern Angaben zu ihrer Konfession zu machen, lässt durchblicken, dass diese Eigenschaft für den Arbeitgeber wichtig ist und eben auch bei der Entscheidung über die Vergabe der Stelle eine Rolle spielen kann. Ansonsten wäre die Nachfrage nicht notwendig.

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Konfession für die Vergabe der Sekretariatsstelle von keiner Bedeutung ist. Auch die Verortung, dass die Stelle in der obersten Dienstbehörde der evangelischen Landeskirche ist, ändert daran nichts. Zu den Anforderungen, die an eine Sekretariatsangestellte gestellt werden, gehört nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion, sondern unter anderem Eigenschaften wie Diskretion, Loyalität und Zuverlässigkeit.

Aufgrund dieser Benachteiligung steht der Klägerin nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 1,5 Bruttomonatsgehältern zu.

(Urteil ArbG Karlsruhe, Urteil vom 18.09.2020 – 1 Ca 171/19)

Nachzulesen unter: ArbG Karlsruhe, Urteil vom 18.09.2020 – 1 Ca 171/19 – dejure

ArbG Karlsruhe, Urteil vom 18.09.2020 – 1 Ca 171/19 – openJur

RA Marco Schneider