ArbeitsrechtArtikelArtikelDer Vergleich im Arbeitsrecht

21. Juni 2022

In der Regel wird zur Beendigung eines Prozesses ein Urteil gesprochen. Dies ist zumindest in den meisten Verfahren, die Praxis. Arbeitsrechtliche Verfahren enden jedoch in einer Vielzahl der Fälle mit einem Vergleich. Die Beliebtheit von Vergleichen liegt daran, dass der Prozess damit schnell und einvernehmlich beendet werden kann. Was das genau bedeutet und worauf bei einem arbeitsrechtlichen Vergleich geachtet werden sollte, erfahren sie in diesem Beitrag.

Gesetzliche Regelungen

Laut Gesetz handelt es sich bei einem Vergleich um einen Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Laut Gesetz steht und fällt ein Vergleich also mit dem Entgegenkommen beider Parteien. In der arbeitsrechtlichen Praxis werden dagegen oft Vergleiche geschlossen, die nur das Nachgeben einer Partei beinhalten. Dabei verpflichtet sich der Arbeitsgeber beispielsweise, aus einer Kündigung keine Rechte mehr herzuleiten und erfüllt dem Kläger die Forderungen, welche er erzielen wollte.

Ein zweiter Grund für die vielen Vergleiche im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist außerdem, dass das Arbeitsgerichtsgesetz vorschreibt, dass die gütliche Erledigung des Rechtsstreits während des ganzen Verfahrens angestrebt werden soll.

Der mögliche Vergleichsinhalt

Dem Inhalt eines Vergleichs sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Alle möglichen Inhalte können Inhalt eines Vergleichs werden, auch Dinge, die erst einmal nichts mit der Klage zu tun haben.

Häufige Regelungen, die in einem Vergleich getroffen werden, sind:

  • Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Zahlung einer Abfindung,
  • Änderung oder Aushändigung eines Arbeitszeugnisses,
  • Gewährung von Urlaubsansprüchen,
  • Urlaubsabgeltungen,
  • Sonderzahlungen,
  • Aushändigung von Abrechnungen

 

Typische Klauseln

Außerdem gibt es typische Klauseln, die in arbeitsgerichtlichen Vergleichen häufig vorkommen:

  • Erledigungsklausel

Mit einer Erledigungsklausel erklärt sich der Arbeitnehmer bereit, dass nach Schließen des Vergleichs alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich aus welchem Rechtsgrund und gleich, ob bekannt oder unbekannt, erledigt sind. Dabei ist natürlich besonders der Arbeitgeber an einer vollständigen Beilegung des Streites interessiert.

Eine Klausel mit diesem Inhalt kann dabei für den Arbeitnehmer gefährlich werden, weil er damit nach Abschluss des Vergleichs keine Rechte mehr gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen kann. Aus diesem Grund sollte eine solche Klausel nur in einen Vergleich aufgenommen werden, wenn sich der Arbeitnehmer sicher ist, dass keine weiteren Ansprüche mehr bestehen. Das Bestehen weiterer möglicher Ansprüche sollte deswegen am besten von einem fachkundigen Rechtsanwalt geprüft und der Inhalt des Vergleichs mit diesem sorgfältig besprochen werden. Ansonsten riskiert der Arbeitnehmer, dass er durch Abschluss des Vergleichs Rechte verliert, die dann nicht mehr geltend gemacht werden können.

  • Widerrufsklausel

Eine Widerrufsklausel kann deswegen für den Arbeitnehmer eine enorme Sicherheit bieten und diesem die Möglichkeit einräumen, nach Abschluss des Vergleichs vor Gericht in seinem häuslichen Umfeld noch einmal in Ruhe über die Einigung nachzudenken. Eine solche Klausel beinhaltet, dass dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt wird, den Vergleich in einer bestimmten festgelegten Frist bei Gericht zu widerrufen.

  • Fälligkeitsklausel

Mit der Fälligkeitsklausel können die Parteien regeln, zu welchem Zeitpunkt von welcher Partei die Leistungen, zu denen der Vergleich verpflichtet, zu erbringen sind. Eine solche Klausel hat in der Regel zum Inhalt, dass der Anspruch zum Beispiel auf die Abfindung ab Vergleichsabschluss besteht. Des Weiteren wird regelmäßig zum Inhalt der Fälligkeitsklausel, dass der Anspruch zu einem gewissen Zeitpunkt fällig und sofort vererblich ist.

  • Die sog. „Sprinterklausel“/ „Turboklausel“

Außerdem findet sich in arbeitsgerichtlichen Vergleichen auch oft eine sog. „Sprinterklausel“, die auch „Turboklausel“ genannt wird. Eine solche Klausel hat in der Regel zum Inhalt, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis bereits vor dem vorgesehenen Ende verlässt und die dann noch ausstehende Vergütung zusätzlich zur Abfindung erhält. Die Mitteilung des frühzeitigen Ausscheidens erfolgt innerhalb einer in der Klausel festgelegten Frist. Diese beträgt in der Regel ein bis zwei Wochen.

Diese Art von Klausel ist dabei für beide Seiten vorteilhaft. Der Arbeitnehmer kann sich zeitnah um ein neues Arbeitsverhältnis bemühen und bliebt zeitlich flexibel. Außerdem erhält er neben der erhöhten Abfindung ein weiteres Gehalt und kann damit sozusagen doppelt verdienen.

Für den Arbeitgeber ergibt sich der Vorteil, dass er durch das vorzeitige Ausscheiden die Beiträge zur Sozialversicherung spart. Eine Abfindung ist anders als ein Gehalt gerade nicht sozialversicherungspflichtig.

Vergleichsarten

Ein Vergleich kann in verschiedenen Rahmen geschlossen werden. Ein solcher kann vor Gericht aber auch außergerichtlich liegen.

  • Außergerichtliche Vergleiche

Unabhängig von einem bereits laufenden arbeitsgerichtlichen Verfahren könne die Parteien auch jederzeit gemeinsam eine gütliche Einigung außerhalb des Gerichtes erzielen. Das Gericht muss dafür nicht einbezogen werden. In der Regel beinhaltet ein solcher Vergleich dann auch, wie das Gerichtsverfahren dann beendet werden soll. Es ist zum Beispiel möglich, dass die Parteien den Rechtsstreit einvernehmlich für beendet erklären.

Tritt der Fall ein, dass eine Partei ihren Verpflichtungen aus dem außergerichtlichen Vergleich nicht nachkommt, so muss die Durchführung des Vergleichs gerichtlich eingeklagt werden. Die Möglichkeit für eine Vollstreckung direkt aus dem außergerichtlichen Vergleich besteht nicht.

  • Gerichtliche Vergleiche
  1. Der Vergleich im Gerichtssaal

In jeder arbeitsgerichtlichen Instanz besteht für die Parteien die Möglichkeit, sich gütlich zu einigen. Wird im gerichtlichen Termin dann eine Lösung erarbeitet, die für beide Parteien zufriedenstellend ist, protokollieren die Richter diese Lösung und befragen beide Parteien, ob sie mit dem Inhalt des Protokolls einverstanden sind. Stimmen beide Parteien zu, so ist der Rechtsstreit beendet es sei denn der Vergleich enthält eine Widerrufsklausel. Damit ein solcher Vergleich, überhaupt zustande kommen kann, ordnet das Gericht in der Regel das persönliche Erscheinen der Kläger an.

 

  1. Der Vergleich im schriftlichen Verfahren

Außerdem kann ein Vergleich auch im schriftlichen Verfahren geschlossen werden. Dabei ist eine Möglichkeit, dass beide Parteien einer übereinstimmenden Vergleichsvorschlag an das Gericht senden. Andernfalls kann das Gericht den Parteien auch einen Vergleichsvorschlag unterbreiten, zu dem dann beide Parteien zustimmen können. Sind sich die Parteien im schriftlichen Verfahren einig so stellt das Gericht mit einem Beschluss fest, dass ein Vergleich wirksam geworden ist.

 

Der Vergleich als Befristungsgrund

Außerdem kann ein Vergleich auch einen Grund für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses darstellen. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses immer möglich, wenn ein Sachgrund für die Befristung vorliegt.

Hat das Gericht an dem Vergleich mitgewirkt, also zum Beispiel, wenn dieser im Gerichtssaal geschlossen wurde, besteht immer ein Sachgrund. Schicken die Parteien einen übereinstimmenden Vergleich an das Gericht, muss das Gericht klarstellen, dass es sich den Vergleich zu eigen macht. Ein Vergleich kann also nur einen Sachgrund darstellen, wenn das Gericht verantwortlich am Vergleich mitgewirkt hat.

 

Teilvergleiche

Beinhaltet die Klage des Arbeitnehmers mehrere verschiedene Punkte, so können sich die Parteien auch nur über einen Punkt der Klage vergleichen. Der Rechtsstreit über die weiteren Anträge des Klägers bleibt bestehen und läuft prozessual weiter.

 

Sozialrechtliche Folgen eines Abfindungsvergleichs

Vergleichen sich die Parteien auch über eine Abfindung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat dies verschiedene sozialrechtliche Folgen:

  • Sperrzeiten

Zum einen kann der Arbeitgeber eine Sperrzeit auferlegt bekommen. Dies ist der Fall, wenn sich an das alte nicht unmittelbar ein neues Arbeitsverhältnis anschließt. Dann stellt sich die Frage nach dem Arbeitslosengeld und ob es zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Beginn der Zahlung des Arbeitslosengeldes möglicherweise eine Sperrzeit gibt.

Diese droht, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Loslösung des Beschäftigungsverhältnisses gibt und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Diese Voraussetzungen sind bei einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich erfüllt es sei denn, der Arbeitgeber hat einen wichtigen Grund für sein Verhalten vorzuweisen. Die Sperrzeit hat dabei in der Regel ein Viertel der Zeit, in der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht.

Die Folgen dieser Sperrzeit können dadurch umgangen werden, dass der Arbeitgeber die Folgen der Sperrzeit zu tragen hat. Dies kann im Vergleich der Parteien zusätzlich festgehalten werden. Verneint die Arbeitgeberseite jedoch das Aufnehmen einer solchen Klausel, kann in dem Vergleich zumindest aufgenommen werden, dass der Arbeitgeber an den verhaltensbedingten Gründen der Kündigung nicht länger festhält. Der Arbeitgeber hat damit keine Zugeständnisse gemacht und unter Umständen je nach Sachbearbeiter bei der Bundesagentur für Arbeit kann die Sperrzeit damit angewendet werden.

  • Ruhen des Arbeitslosengeldes

Des Weiteren, kann auch ein Ruhen des Arbeitslosengeldes durch die Bundesagentur für Arbeit angeordnet werden. Dies ist der Fall, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mit dem Zeitpunkt endet, an dem es mit einer ordentlichen Kündigung geendet hätte, sondern zu einem früheren Termin. Es darf also nicht vor Ablauf der gesetzlichen, arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Frist enden, denn der Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht erst ab dem Zeitpunkt, ab dem das Arbeitsverhältnis im Normalfall geendet hätte. Es ändert sich allerdings nur der Bezugszeitraum, eine Kürzung erfolgt dagegen nicht.

Anfechtung von Vergleichen

Wie oben bereits angedeutet, ist ein geschlossener Vergleich bindend und eine Loslösung vom Inhalt des Vergleichs ist dann nicht mehr möglich. Die einzige Möglichkeit, sich von einem Vergleich zu lösen, besteht in der Anfechtung der eigenen Zustimmung. Dafür müsste eine Partei die andere jedoch arglistig getäuscht oder dieser widerrechtlich gedroht haben. In der Regel kann dies nur bei Vergleichen im schriftlichen Verfahren vorgefallen sein. Im Gerichtssaal wären solche Handlungen durch den Richter unterbunden worden.

Ein Anfechtungsgrund kann auch in einem Irrtum liegen, welchem die Partei zum Zeitpunkt der Zustimmung unterlag. Es muss etwas anderes tatsächlich erklärt worden sein, als erklärt werden sollte. Die Erfolgschancen eines Vergleichs aufgrund eines solchen Erklärungsirrtums sind sehr gering, weil dessen Beweisbarkeit hoch problembehaftet ist. Es reicht nicht aus, dass der Anfechtende den vergleich nicht mehr möchte oder mit dessen Inhalt nicht mehr einverstanden ist.

Zusammenfassend kann ein einmal geschlossener Vergleich also nur noch unter hohen Voraussetzungen ungeschehen gemacht werden.

Gerichtskosten bei einem Vergleich

Zuletzt ist es natürlich auch wichtig, auf die arbeitsgerichtlichen Kosten einzugehen.

Schließen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich und wird der Prozess dadurch beendet, entfallen die Gerichtskosten.

Bei einem außergerichtlichen Vergleich entstehen ebenfalls keine Gerichtskosten es sie denn es wurden bereits Anträge in der mündlichen Verhandlung gestellt.

Für Gewerkschaftsmitgliedern ist dies unerheblich, denn die Gewerkschaft zahlt dessen entstandene Gerichtskosten.

 

 

 

 

RA Marco Schneider