ArbeitsrechtArtikelArtikelRA Dino-Alain ErnstingDas Arbeitszeugnis

1. September 2022
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1. Einleitung

 

Arbeitszeugnisse belegen die Leistung und Erfolge des Arbeitnehmers und können ihn so für das nächste Arbeitsverhältnis empfehlen. Ein für den Arbeitnehmer günstiges Arbeitszeugnis erhöht daher erheblich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Ob ein Arbeitszeugnis für den Arbeitnehmer vorteilhaft ist, lässt sich nicht immer sofort erblicken, meist sind „versteckte“ Formulierungen vorhanden, die aber von jedem Personaler nachvollzogen werden können. Zudem muss zwischen einem einfachen Arbeitszeugnis und einem qualifizierten Arbeitszeugnis unterschieden werden.

Das einfache Arbeitszeugnis enthält dabei mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber das Zeugnis darüber hinaus gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO auf Leistungen und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken (qualifiziertes Zeugnis). Bei der Beurteilung der Leistung kann dies häufig zu einem Streit bis hin zu einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht führen.

Auch schon vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann, bei Vorliegen eines triftigen Grundes, ein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses bestehen. Ein triftiger Grund kann dabei der Wechsel des Arbeitgebers/des Vorgesetzten sein oder die ausgesprochene Kündigung, aber auch eine Veränderung der Tätigkeit oder das Ruhen des Arbeitsverhältnisses – wegen z.B. Elternzeit – stellt einen triftigen Grund dar.

Der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses unterliegt grundsätzlich der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren. Allerdings können Umstände hinzutreten, die den Anspruch bereits vorher verwirken lassen. Der Zeugniserteilungsanspruch sollte daher nach einer angemessenen Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden. Dies gilt ebenso für die Berichtigung eines erteilten Zeugnisses. Ein Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses wird i.d.R. nach einem Zeitraum von 10 Monaten oder mehr als verwirkt anzusehen sein (LAG Hamm, BB 89,1486).

Besonderheiten können insbesondere im Anwendungsbereich von Tarifverträgen gelten. Der Anspruch auf Zeugniserteilung bzw. Berichtigung kann hier besonderen Ausschluss- bzw. Verfallsfristen unterliegen.

 

2. Inhalt des Zeugnisses

 

Im Hinblick auf den Inhalt und die äußere Form hat der Arbeitnehmer zum einen das Recht auf ein rechtschreibfehlerfreies, schriftliches Zeugnis, das auf Firmenpapier zu verfassen ist, sofern die Verwendung des Firmenpapiers üblich ist. Daneben muss das Zeugnis persönlich vom Aussteller unterzeichnet und mit einem Ausstellungsdatum versehen sein. Eine Ausstellung in elektronischer Form ist nach § 109 Abs. 3 GewO nicht zulässig.

Inhaltlich muss das Arbeitszeugnis den Grundsätzen der Vollständigkeit, Wahrheit, Einheitlichkeit und Klarheit entsprechen.

Im Rahmen der Leistungsbeurteilung des Arbeitnehmers muss das Arbeitszeugnis Aussagen über Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten, Geschicklichkeit, Sorgfalt, Einsatzfreude und Arbeitseinstellung des Arbeitnehmers treffen. Grundlage hierfür ist selbstverständlich die Tätigkeit des Arbeitnehmers und die den zugewiesenen Aufgaben zu Grunde liegenden Anforderungen.

Beim Verfassen des Arbeitszeugnisses sollte stets den üblichen Regeln gefolgt werden. Das Auslassen oder Abweichen von bestimmten erforderlichen Angaben kann von einem zukünftigen Arbeitgeber negativ wahrgenommen werden.

Dass die Beurteilung der Leistungen klaren Strukturen folgt, ergibt sich aus folgendem Beispiel:

  • „stets (jederzeit, immer) zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = sehr gute Leistungen;
  • „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ = gute Leistungen;
  • „stets zu unserer Zufriedenheit“ oder „zu unserer vollen Zufriedenheit“ = befriedigende bzw. gute, durchschnittliche Leistungen;
  • „zu unserer Zufriedenheit“ = unterdurchschnittliche aber ausreichende Leistungen;
  • „insgesamt (im Großen und Ganzen) zu unserer Zufriedenheit“ = mangelhafte Leistungen;
  • „der Arbeitnehmer hat sich bemüht“ = unzureichende bzw. ungenügende Leistungen.

Ähnliche Strukturen gelten z.B. auch für die Beurteilung der Arbeitsweise und die Beurteilung des Verhaltens.

Nicht selten sind unzulässige, verschlüsselte Formulierungen im Arbeitszeugnis vorhanden. Denkbar ist auch die Entwertung eines „sehr guten“ Zeugnisses durch fehlende Dankes- und Wunschformel.

Sollten Unsicherheiten bestehen, lohnt es sich immer, das Zeugnis von einem Anwalt überprüfen zu lassen.

Dino-Alain Ernsting